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Artikel mit Schlagwort Verrechnungssteuerrevision

Verrechnungssteuer - Bundesrat zieht Reformvorhaben zurück

24.06.2015
Der Bundesrat hat heute mitgeteilt, dass er vorderhand auf die vorgeschlagene Reform der Verrechnungssteuer (mit einem Wechsel vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip) verzichten will. Dies unter Anderem aufgrund des negativen Vernehmlassungsergebnisses. Im Sinne eines ersten kleinen Reformschrittes soll aber die Ausnahme von der Verrechnungssteuer für Kapitalinstrumente der systemrelevanten Banken erweitert und damit die Systemstabilität erhöht werden. Zu einem späteren Zeitpunkt soll erneut geprüft werden, ob ein Umbau der Verrechnungssteuer angezeigt ist.Aufgrund des negativen Vernehmlassungsergebnisses hat der Bundesrat an seiner heutigen Sitzung auf einen Wechsel Schuldner- zum Zahlstellenprinzip vorerst verzichtet. Er schlägt stattdessen vor, die zeitlich befristete Steuerbefreiung für CoCos und Write-off Bonds zu verlängern. Eine analoge Ausnahmeregelung soll neu auch für Bail-in Bonds geschaffen werden. Sämtliche Ausnahmen sollen am 1. Januar 2017 in Kraft treten und auf fünf Jahre befristet werden. Das EFD wurde beauftragt, bis September 2015 eine entsprechende Botschaft auszuarbeiten.

Darum sollte die Verrechnungssteuer ursprünglich reformiert werden

Die Verrechnungssteuer trägt substanziell zu den Bundeseinnahmen bei und übt eine Sicherungsfunktion für die Einkommens- und Vermögenssteuern aus. Die heutige Ausgestaltung der Steuer hat Verbesserungspotenzial. Schweizerische Konzerne vermeiden die Steuer, indem sie sich über ausländische Gesellschaften finanzieren. Dadurch findet die Wertschöpfung im Ausland statt, den Unternehmen entsteht Aufwand für den Unterhalt der ausländischen Strukturen, und die Sicherungsfunktion der Steuer verfehlt teilweise ihr Ziel. Der Bundesrat hatte, um diesem Missstand entgegenzutreten, im Herbst 2014 ein Gesetzesprojekt initiiert. Die Reform hätte den Kapitalmarkt Schweiz und den Sicherungszweck der Verrechnungssteuer stärken sollen. Technisch wäre dies mit einem Wechsel vom heutigen Schuldner- zum Zahlstellenprinzip erfolgt.

Ergebnis der Vernehmlassung - lieber zuwarten

Viele Vernehmlassungsteilnehmer anerkennen gemäss Mitteilung des Bundesrates die Vorteile des Reformvorschlags, sprechen sich aber gegen eine Umsetzung der Reform im jetzigen Zeitpunkt aus. Sie plädieren dafür, zunächst die Einführung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) im internationalen Verhältnis wie auch die Diskussion über die Zukunft des Bankgeheimnisses im Inland abzuwarten.Die Schweizerische Bankiervereinigung lehnt den Reformvorschlag ab und fordert - unterstützt von economiesuisse - stattdessen den teilweisen Übergang zu einem Meldesystem auch im Inland.

Weiteres Vorgehen betreffen Wechsel aufs Zahlstellenprinzip

Vor Ablauf der geplanten Ausnahmebestimmungen für Cocos, Write-off Bonds und Bail-in Bonds soll das Zahlstellenprinzip erneut diskutiert werden. Angesichts des Vernehmlassungsergebnisses soll indes zunächst das Ergebnis der Volksabstimmung über die Volksinitiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre" abgewartet werden.
Quelle: Medienmitteilung des Bundesrates vom 24.06.2015

Verrechnungssteuer - Bundesrat will zum Zahlstellenprinzip wechseln

03.07.2014
Der Bundesrat will die Verrechnungssteuer differenzierter ausgestalten und damit namentlich die Kapitalaufnahme im Inland, einschliesslich der Emission von Bail-In-Bonds der Grossbanken, erleichtern. Gleichzeitig soll die Steuer ihre Sicherungsfunktion besser erfüllen. Er hat gestern das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, unter Einbezug der Expertengruppe «Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie» eine Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten.

Das Problem – Finanzierung häute häufig über ausländische Gesellschaften

Die heutige Ausgestaltung der Verrechnungssteuer weist – wie der Bundesrat in seiner gestrigen Medienmitteilung schreibt – heute Nachteile auf. Dies insbesondere im Bereich der Finanzierung, die auch von Schweizerischen Konzernen zur Steuervermeidung häufig über ausländische Gesellschaften abgewickelt wird. Negative Folgen davon sind, dass
  1. den Unternehmen Aufwand für den Unterhalt der ausländischen Strukturen entstehen, und
  2. der Sicherungszweck der Verrechnungssteuer teilweise sein Ziel verfehlt.

Wechsel zum Zahlstellenprinzip als Lösung

Der Bundesrat erachtet es deshalb als vordringlich, den Wechsel zum sogenannten Zahlstellenprinzip anzupeilen, um diesen Problemen entgegenzuwirken. Das Zahlstellenprinzip ermöglicht eine Steuererhebung abhängig
  1. von der Person des Investors (natürliche oder juristische Person, Wohnsitz in der Schweiz oder im Ausland) und
  2. des Ertrages (Dividenden, Zinsen).
Die Verrechnungssteuer kann damit, wie der Bundesrat weiter schreibt, differenzierter erhoben werden als im heutigen System, in welchem sie in sämtlichen Konstellationen vom Schuldner der Leistung in vollem Umfang erhoben werden muss - so etwa auch bei Pensionskassen, bei welchen kein Sicherungsbedürfnis besteht. Im Unterschied zum Schuldnerprinzip kann eine Steuer nach Zahlstellenprinzip zudem neben Erträgen von inländischen auch solche von ausländischen Schuldnern erfassen, sofern der steuerbare Ertrag über eine Schweizerische Zahlstelle dem Investor ausgerichtet wird. Damit wird eine Gleichschaltung zur Einkommens- und Vermögenssteuer erreicht.

Meldungen des automatischen Informationsaustausches als Risikovermeidung

Ein grundsätzlicher Nachteil des Systemwechsels besteht darin, dass für in der Schweiz wohnhaften Personen ein Anreiz geschaffen wird, ihre Vermögenswerte zu einer ausländischen Bank zu verschieben. Diesem Risiko soll gemäss Ansicht des Bundesrates damit begegnet werden, dass die Schweiz in diesen Fällen Meldungen des Auslands im Rahmen des internationalen automatischen Informationsaustauschs erhält.Auf Erträgen ausländischer Bankkunden, die künftig an das Ausland gemeldet werden, soll nicht zusätzlich zu einer allfälligen Residualsteuer auch noch eine Sicherungssteuer erhoben werden.

Bisherige Schritte im Zusammenhang mit der Verrechnungssteuerrevision

Als steuerliche Massnahme zur Stärkung des Kapitalmarktes im Inland hatte der Bundesrat am 19. Dezember 2012 den Auftrag erteilt, die Möglichkeit des Übergangs vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip bei der Verrechnungssteuer zu prüfen. Eine Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern des EFD, der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) und der Wissenschaft verfasste darauf hin einen entsprechenden Bericht. Ferner hat auch die Expertengruppe «Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie» in einem Zwischenbericht Stellung genommen und den Wechsel vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip empfohlen.

Exkurs: Verrechnungssteuer und Zahlstellenprinzip

Die Verrechnungssteuer wird auf Zinsen, Dividenden, Lotteriegewinnen und bestimmten Versicherungsleistungen erhoben. Die Verrechnungssteuer sichert die Besteuerung inländischer Erträge, indem die Rückerstattung voraussetzt, dass die entsprechenden Erträge in der Steuererklärung deklariert werden. Danach wird die Verrechnungssteuer mit den Kantons- und Gemeindesteuern verrechnet oder in bar zurückerstattet. Das Steueraufkommen der Verrechnungssteuer belief sich im Jahr 2013 auf rund 5,9 Milliarden Franken. Ein grosser Teil der Einnahmen stammt von Zins- oder Dividendenzahlungen an ausländische Begünstigte. Diese können die Verrechnungssteuer in vielen Konstellationen nicht oder nur teilweise zurückfordern. Weitere Einnahmen entstehen dadurch, dass die Rückforderung der Verrechnungssteuer ausbleibt. Grund dafür kann Nachlässigkeit, das Vermeiden von administrativem Aufwand bei der Rückforderung oder auch Steuerhinterziehung sein.Die Verrechnungssteuer wird heute beim Schuldner der steuerbaren Leistung nach dem Schuldnerprinzip erhoben. Schuldner kann beispielsweise eine Gesellschaft sein, die eine inländische Obligation ausgibt. Fallen darauf Zinsen an, so überweist die Gesellschaft den Nettoertrag von 65% dem Leistungsbegünstigten und den Steuerabzug von 35% der Eidg. Steuerverwaltung. Beim Zahlstellenprinzip hingegen überweist der Schuldner den gesamten Bruttoertrag der Zahlstelle. Die Zahlstelle entscheidet in Abhängigkeit von der Person des Investors darüber, ob im konkreten Fall eine Verrechnungssteuer zu erheben ist.

Weitere Informationen zur Verrechnungssteuerreform


Quelle: Medienmmitteilung des Bundesrates und des EFD vom 2.7.2014