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Aktuelles zu Steuern von Bund und Kantonen

AG: Änderungen für Private und Unternehmen

28.10.2022

Im Aargauer Steuerwesen gibt es verschiedene Änderungen und Neuerungen. Die natürlichen Personen können ab dem Steuerjahr 2022 um 50 Prozent höhere Abzüge bei den Krankenkassen geltend machen; weiter wird der Versicherungsabzug ab dem Steuerjahr 2023 an die Erhöhung der Krankenkassenprämien angepasst, was zu einer weiteren Entlastung für alle natürlichen steuerpflichtigen Personen führt. Im für die Bestimmung des Eigenmietwerts massgebenden Schätzungswesen werden die vom Verwaltungsgericht angeordneten gesetzlichen Anpassungen vorgenommen. Und ab dem Steuerjahr 2023 werden die im Kanton international tätigen Firmen aufgrund der Gesetzesrevision zur Hinzurechnungsbesteuerung ihre Steuern im Aargau entrichten und nicht mehr im Ausland.

In den Steuerjahren 2022 und 2023 werden zahlreiche Neuerungen umgesetzt und auf politischer Ebene von Regierungsrat und Parlament vorbereitet.

Deutliche Erhöhung der Abzüge für Krankenkassenprämien entlasten alle natürlichen Steuerpflichtigen

Mit der Annahme der Steuergesetzrevision 2022 durch das Aargauer Stimmvolk können 50 Prozent mehr Pauschalabzug geltend gemacht werden. Damit können verheiratete Paare in der Steuerperiode 2022 anstatt wie bisher 4'000 neu 6'000 Franken abziehen und steuerpflichtige Einzelpersonen und Alleinerziehende anstatt wie bisher 2'000 neu 3'000 Franken.

Steuerpflichtige profitieren ab dem Steuerjahr 2023 vom neuen Mechanismus bei den Krankenkassenprämien

Neu werden mit der Annahme der Steuergesetzrevision 2022 zudem die vorerwähnten Pauschalabzüge jährlich an die Entwicklung der kantonalen mittleren Prämie der Krankenpflege-Grundversicherung angepasst, welche jährlich vom Bundesamt für Gesundheit berechnet wird. Diese steigt im Aargau um 5,9 Prozent. Somit wird bereits auf die Steuerperiode 2023 eine Anpassung des Versicherungsabzugs nötig. Dazu Finanzdirektor Dr. Markus Dieth: "Damit können verheiratete Paare bereits ab der Steuerperiode 2023 neu 6'400 statt 6'000 Franken abziehen und die anderen steuerpflichtigen Personen neu 3'200 anstatt wie bisher 3'000 Franken."

Steuerpflichtige werden durch den Ausgleich der kalten Progression entlastet

Von einer kalten Progression spricht man, wenn Arbeitnehmende trotz Lohnerhöhung aufgrund der Teuerung keine reale Kaufkraftsteigerung erhalten, sie aber aufgrund des progressiven Tarifs höhere Steuern bezahlen müssen. "Aufgrund der aktuellen Teuerung werden die Steuertarife für die Einkommens- und Vermögenssteuer für das Steuerjahr 2023 der Teuerung angepasst. Basierend auf dem Landesindex für Konsumentenpreise werden gleichzeitig die Abzüge wie beispielsweise die Kinderabzüge oder der Invalidenabzug erhöht", so Finanzdirektor Markus Dieth. Dieser Ausgleich ist im Aufgaben und Finanzplan (AFP) bereits berücksichtigt.

Zweite Beratung Hinzurechnungsbesteuerung – saldoneutral für die betroffenen Unternehmen

Der Regierungsrat überweist dem Grossen Rat die Botschaft zur Hinzurechnungsbesteuerung. Das Parlament hat in der ersten Beratung bereits einstimmig zugestimmt. Im November steht die zweite Beratung an, damit die Gesetzesänderung bereits per 1. Januar 2023 in Kraft treten kann.

Mit der Steuergesetzrevision zur Hinzurechnungsbesteuerung wird auf die aktuellsten Entwicklungen auf internationaler Ebene reagiert. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) führt neue Regeln ein. Diese sehen vor, dass Gewinne von niedrig besteuerten ausländischen Tochtergesellschaften oder Geschäftseinheiten im Land der Muttergesellschaft höher besteuert werden, sofern der Mindestbesteuerungssatz von 15 Prozent unterschritten wird. Mit der Hinzurechnungsbesteuerung können international tätige Konzerne für ihre Geschäftseinheiten im Aargau auf ein OECD-konformes Besteuerungsniveau gelangen, ohne dass generell der aargauische Gewinnsteuersatz erhöht werden muss. Regierungsrat Markus Dieth sagt zum entscheidenden Punkt: "Die von der Hinzurechnungsbesteuerung betroffenen Unternehmen zahlen insgesamt gleich viel Steuern. Sie können die Steuern aber im Aargau bezahlen und müssen diese nicht im Ausland entrichten."

Steuergesetzrevision zum Schätzungswesen

Gleichzeitig mit der zweiten Beratung zur Hinzurechnungsbesteuerung überweist der Regierungsrat dem Grossen Rat die Botschaft zum Schätzungswesen. Mit dem Verwaltungsgerichtsurteil vom 16. September 2020 wurde der Kanton Aargau verpflichtet, die Eigenmietwertbesteuerung anzupassen. Weil sich die Steuerwerte auf die Wertbasis von 1998 beziehen, besteht auch bei den Vermögensteuerwerten aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben Handlungsbedarf. Die heutige Praxis steht im Widerspruch zum Steuerharmonisierungsgesetz und ist somit bundesrechtswidrig.

Einerseits sieht die Gesetzesrevision ein marktbezogenes Schätzungsmodell vor. Die einfache, moderne und effiziente steuerliche Bewertung von Immobilien sieht vor, dass diese in einem 5-Jahres Rhythmus regelmässig geschätzt werden. Damit entfällt die bisherige Objektbesichtigung. Gleichzeitig wird die steuerliche Grundstückbewertung vereinfacht und modernisiert.

Andererseits wird durch die Gesetzesrevision die Rechtskonformität bei der Eigenmietwert- und Vermögensbesteuerung wiederhergestellt. In der Anhörungsvorlage wurde noch ein Eigenmietwert von 60 Prozent der Marktmiete vorgeschlagen. Aufgrund der Anhörungsresultate musste dieser Wert noch leicht angepasst werden. Es ist eine zusätzliche Sicherheitsmarge einzubauen, die dazu beiträgt, dass die bundesgerichtliche Vorgabe beim vorgesehenen fünfjährigen Neubewertungsrhythmus auch bei allfällig steigenden Mietpreisen in jedem Einzelfall eingehalten werden kann. Basierend darauf ist in der Gesetzesänderung vorgesehen, den Eigenmietwert auf 62 Prozent der Marktmiete festzulegen, um die Einhaltung dieser bundesgerichtlich vorgegebenen Marktmiete von 60 Prozent, wie rechtlich gefordert jährlich erfüllen zu können. Mit diesem Vorschlag können aus Sicht des Regierungsrats die bundesrechtlichen Anforderungen in Zukunft vollumfänglich eingehalten werden.

Finanzdirektor Markus Dieth weist nochmals auf den dringenden gesetzlichen Handlungsbedarf hin: "Der Kanton Aargau hat bei der Gesetzesrevision im Schätzungswesen keinen Handlungsspielraum. Die Eigenmietwerte müssen bezüglich Verhältnis zum Marktmietwert dem Verfassungs- und Bundesrecht sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen. Mit der vorgesehenen Anpassung des Eigenmietwerts auf 62 Prozent setzt der Kanton Aargau die vom Verwaltungsgericht geforderten, gesetzlichen Mindestanforderungen um und erfüllt Bundesrecht sowie die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts."

Diese Gesetzesrevision wird zu Mehreinnahmen bei den Gemeinden von 64 Millionen Franken und beim Kanton von 70 Millionen Franken führen. Dabei sind beim Kanton 56 Millionen auf die Erhöhung der Vermögenssteuerwerte und 14 Millionen Franken auf die Erhöhung der Eigenmietwerte zurückzuführen. "Möglichkeiten, wie diese Mehreinnahmen den Einwohnerinnen und Einwohnern des Kantons Aargau zurückgegeben werden können, hat der Regierungsrat im Planungsbericht Steuerstrategie 2022–2030 aufgezeigt. Dieser befindet sich zurzeit in der parlamentarischen Beratung", sagt der Aargauer Finanzdirektor.

Planungsbericht schafft Grundlagen für die Steuerstrategie 2022–2030

Um auch in Zukunft für die verschiedensten Herausforderungen gewappnet zu sein und um den Aargauerinnen und Aargauern einen attraktiven Wohn- und Wirtschaftskanton bieten zu können, hat der Regierungsrat die Steuerstrategie 2022–2030 ausgearbeitet. Mit dem Planungsbericht Steuerstrategie erfolgt eine Auslegeordnung möglicher Massnahmen zur Stärkung des Ressourcenpotenzials in steuerlicher Hinsicht. Der Planungsbericht zeigt die strategischen Ziele und mögliche Massnahmen anhand des kantonalen Handlungsspielraums auf und wurde im August an einer Medienkonferenz vorgestellt. Die 20 Leitsätze und dazugehörigen Massnahmen werden nun vom Grossen Rat beraten und diskutiert. "Die Steuerstrategie soll grundsätzlich ertragsneutral umgesetzt werden, indem sich Steuermindererträge in den einen Bereichen gerade zum Beispiel durch die nun dem Kanton Aargau durch gerichtlichen Entscheid vorgegeben Steuermehrerträge in anderen Bereichen ausgleichen", streicht der Finanzdirektor den übergeordneten ersten Leitsatz dieses Planungsberichts hervor.

Das Wichtigste in Kürze

  • Alle natürlichen steuerpflichtigen Personen können ab dem Steuerjahr 2022 um 50 Prozent höhere Abzüge bei den Krankenkassenprämien geltend machen. Hinzu kommt, dass der Versicherungsabzug neu an das Prämienwachstum angepasst wird, was die Steuerpflichtigen ab dem Steuerjahr 2023 zusätzlich entlastet. Und auch der Ausgleich der kalten Progression kommt den Steuerpflichtigen im Steuerjahr 2023 zusätzlich zugute.
  • Mit der ab 1. Januar 2023 in Kraft tretenden Hinzurechnungsbesteuerung erwartet der Kanton aufgrund der Gesetzesrevision Mehreinnahmen, indem international tätige Firmen ihre Steuern im Aargau und nicht im Ausland entrichten.
  • Im Schätzungswesen muss aufgrund eines Verwaltungsgerichtsurteils eine gesetzliche Anpassung vorgenommen werden, weil der Aargau verpflichtet wird, bei seiner Eigenmietwertbesteuerung Anpassungen vorzunehmen. Nach Bundesrecht besteht auch Anpassungsbedarf bei den Vermögenssteuerwerten.
  • Das Parlament berät den Planungsbericht Steuerstrategie 2022–2030. Damit wird im Kanton Aargau erstmals eine vertiefte politische Debatte darüber möglich, wie die Steuerpolitik des Kantons in Zukunft in einer Gesamtbetrachtung aussehen soll. Ziel der kantonalen Steuerstrategie ist die Stärkung des Kantons Aargau als Wohn- und Wirtschaftskanton sowie eine Verbesserung des kantonalen Ressourcenindexes in steuerlicher Hinsicht. Damit dies möglich ist, braucht es eine bessere steuerliche Positionierung des Kantons Aargau im interkantonalen Vergleich.
Ursprünglich publiziert am
AG